Am 27. September hat der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes seine Empfehlungen zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in der Schweiz veröffentlicht. Save the Children begrüsst es sehr, dass der Kinderrechtsausschuss der schwierigen Situation von geflüchteten und migrierten Kindern so viel Platz einräumt und der Schweiz dringend eine bessere Umsetzung ihrer Rechte empfiehlt.

Eine Verbesserung des Zugangs zu Bildungsangeboten ist nur eine von zahlreichen Empfehlung des Kinderrechtsausschusses. Und dass das wichtig ist, bekräftigt der Wunsch des Mädchens auf dem Bild aus einem Workshop für den partizipativen Kinderrechtsbericht.

Umfassendes Berichtsverfahren mit Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

Die von der Schweiz ratifizierte Kinderrechtskonvention verlangt, dass die Schweizer Regierung alle fünf Jahre darüber berichtet, wie die Kinderrechte im Land umgesetzt werden. Dazu wurde Ende 2020 ein Staatenbericht vonseiten Bund & Kantone verfasst. Das Netzwerk Kinderrechte Schweiz, in dem sich Save the Children als Vorstandsmitglied engagiert, hat die Staatenüberprüfung begleitet und im Frühjahr 2021 einen ergänzenden NGO-Bericht sowie einen Kinder- und Jugendbericht beim UN- Kinderrechtsausschuss eingereicht. Save the Children beteiligte sich auch am Gespräch des UN-Kinderrechtsausschusses mit der Schweizer Zivilgesellschaft.

Geflüchtete Kinder haben es besonders schwer

Sowohl im Bericht des Netzwerks Kinderrechte Schweiz, im partizipativen Kinder- und Jugendbericht als nun auch in den Empfehlungen des Kinderrechtsausschusses wird deutlich: Auch wenn seit den letzten Empfehlungen 2015 wichtige Verbesserungen z.B. im Bereich Unterbringung und Bildung erreicht wurden, werden die Kinderrechte für geflüchtete Kinder noch nicht genügend umgesetzt. Der Kinderrechtsausschuss weist insbesondere auf folgenden dringenden Handlungsbedarf hin, welcher unabhängig vom Aufenthaltsstatus geflüchteter /migrierter Kinder besteht:

Wir begrüssen es sehr, dass der Kinderrechtsausschuss der schwierigen Situation von geflüchteten und migrierten Kindern so viel Platz einräumt.

Nina Hössli | Leitung Nationale Programme | Save the Children Schweiz
Nina Hössli Leiterin Schweizer Programme

Der UN-Kinderrechtsausschuss empfiehlt den Schweizer Behörden, das übergeordnete Kindesinteresse entsprechend der ratifizierten Kinderrechtskonvention als primäre Entscheidungsgrundlage für Transfers oder Ausweisungen geflüchteter Kinder und Jugendlicher einzubeziehen. Zudem soll auch Kindern, die von Familienmitgliedern begleitet sind, systematisch eine eigene Anhörungsmöglichkeit im Asylprozess gegeben werden. Save the Children unterstützt es als Kinderrechtsorganisation, dass das Kindeswohl auch im Kontext des Asylverfahrens an erster Stelle stehen soll. Insbesondere benötigt es zur Sicherstellung dieses Wohls und der Partizipationsmöglichkeit auch eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Akteur*innen des Asylwesens und Kindesschutz-Behörden.

Der Kinderrechtsausschuss empfiehlt der Schweiz, Minimalstandards für die kindgerechte Unterbringung sowie für die Integrations- und Unterstützungsmassnahmen in den Asylunterkünften in allen Kantonen einzuführen und diese ausreichend zu unterstützen. Für Save the Children gehören dazu z.B. der Aufbau von kindgerechten Räumen, Förder- und Spielmöglichkeiten für jüngere Kinder sowie Unterstützung für Eltern mit Kindern in den Asylzentren. Dafür müssen die nötigen Ressourcen in allen Kantonen gleichermassen gesprochen werden. Save the Children empfiehlt zudem, Familien spätestens nach einigen Monaten in Wohnungen unterzubringen, damit Kinder nicht in Gemeinschaftsunterkünften aufwachsen.

Zudem empfiehlt der KR Ausschuss, dass alle Fachkräfte, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, für Kinderrechte sensibilisiert und Ressourcen für systematische Weiterbildungsangebote zur Verfügung gestellt werden. Save the Children schliesst sich dieser Empfehlung an und bietet weiterhin Behörden und Organisationen im Asylbereich Beratung und Begleitung an beim Aufbau und der Umsetzung von Standards zu kinderfreundlicher Unterbringung, Betreuung und Bildung.

Der Kinderrechtsausschuss empfiehlt, Massnahmen zur Integration von geflüchteten Kindern in die Volksschule sowie in die nachobligatorischen Ausbildungsinstitutionen zu stärken – unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Auch geflüchtete Kinder und Jugendliche wünschen sich einen regulären Besuch der Volksschule sowie Möglichkeiten, eine Lehre oder weiterführende Ausbildung zu machen. Dies verdeutlicht ein Zitat eines geflüchteten Mädchens aus dem partizipativen Kinder- und Jugendbericht: "Schule ist alles. Wir möchten studieren und uns einen Namen machen, damit unsere Eltern stolz sein können und nicht enttäuscht sind". Eine Beschulung innerhalb eines Zentrums oder in einer Aufnahmeklasse sollte deshalb aus Sicht von Save the Children lediglich als zeitlich befristete Vorbereitung für die Integration in die Regelschule dienen, um beispielsweise die Sprache zu lernen.

Der Kinderrechtsausschuss zeigt sich besorgt über die faktische Diskriminierung beim Zugang zum Gesundheitssystem von geflüchteten und migrierten Kindern. Auch Save the Children empfiehlt einen direkteren Zugang zur Gesundheitsversorgung, insbesondere auch im Bereich psychische Gesundheit, den Beizug von Dolmetschenden sowie einen Ausbau der interkulturellen psychotherapeutischen Angebote für Kinder. Dies weil diese Kinder (und ihre Eltern) häufig von körperlichen aber vor allem auch psychischen Belastungen betroffen sind.

Abgelegene Unterkünfte oder mangelnde finanzielle Ressourcen erschweren die Nutzung von bestehenden Angeboten in den Gemeinden. Kinder und Jugendliche möchten jedoch Freundschaften schliessen, ihre Kompetenzen erweitern und Teil einer Gemeinschaft sein. Diesen Wunsch unterstützt auch der Kinderrechtsausschuss mit seiner Empfehlung, diese Zugänge sicher zu stellen. Unterkünfte sollten daher aus Sicht von Save the Children an Standorten platziert werden, welche eine regelmässige Nutzung von kindgerechten Freizeitaktivitäten und eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr ermöglichen. Zudem benötigen geflüchtete Familien eine finanzielle Unterstützung für die non-formale Bildung der Kinder, wie sie auch anderen armutsbetroffenen Familien zusteht.

Im Rahmen eines Workshops für den partizipativen Kinder- und Jugendbericht, haben Kinder uns selbst mitgeteilt, was sie gelernt haben und noch lernen möchten. Es ist wichtig, dass ihre Stimmen gehört werden.

Mehr Informationen zu den Empfehlungen des UN-Kinderrechtsausschusses finden sich zudem auf der Webseite des Netzwerks Kinderrechte Schweiz.

Weitere Informationen zur Arbeit von Save the Children für geflüchtete Kinder in der Schweiz finden Sie hier.