Die letzten internationalen Streitkräfte sind am Dienstag aus Kabul abgezogen. 20 Jahre Krieg forderten unfassbare tödliche Kosten für Kinder: Fast 33.000 Kinder wurden in den letzten 20 Jahren in Afghanistan getötet oder verstümmelt – das ist im Durchschnitt alle fünf Stunden ein Kind.

Provisorische Notunterkünfte, in die intern vertriebene Afghanische Familien geflohen sind, nachdem sie aufgrund des bewaffneten Konflikts ihr Zuhause verlassen mussten.

Die tatsächliche Zahl der direkten Kinderopfer des Konflikts ist wahrscheinlich viel höher als die geschätzten 32.945, und diese Zahl schliesst die Kinder, die in dieser Zeit durch Hunger, Armut und Krankheiten gestorben sind, nicht mit ein. 

Schon vor der jüngsten Eskalation der Gewalt war fast die Hälfte der Bevölkerung Afghanistans – darunter fast 10 Millionen Kinder – auf humanitäre Hilfe angewiesen. Dies hauptsächlich da Dürre, eine dritte Welle von COVID-19 sowie der bewaffnete Konflikt das Land noch tiefer in die Krise trieben. Es wurde erwartet, dass die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren in diesem Jahr an akuter Unterernährung leiden würde.

Hassan Noor, Regionaldirektor für Asien bei Save the Children, sagte:

„Wenn heute die letzten Militärflugzeuge aus Kabul abfliegen, ist es eine traurige Wahrheit, dass mit den Flugzeugen auch die internationale Berichterstattung, Aufmerksamkeit und Unterstützung, die Afghanistan in den letzten Wochen erhalten hat, wegfallen wird. Doch während rund um die Welt der Alltag weiterläuft wie bisher, werden Millionen von afghanischen Kindern heute Abend hungrig ins Bett gehen, trauern und nicht wissen, was ihre Zukunft bringt.

Was nach 20 Jahren bleibt, ist eine Generation von Kindern, deren ganzes Leben durch das Elend und die Auswirkungen des Krieges zerstört worden ist. Das Ausmass des menschlichen Leids der letzten zwei Jahrzehnte ist unfassbar.

„Jedes einzelne Kind, das in Afghanistan geboren und aufgewachsen ist, kennt nichts anderes als bewaffnete Konflikte und lebt in der Gewissheit, dass jeden Moment Sprengsätze hochgehen oder Bomben vom Himmel fallen können. Sie haben gesehen, wie ihre Geschwister an Hunger, Armut oder Krankheit gestorben sind. Während wir hier sprechen, leben Tausende von Familien, die gezwungen waren, aus ihren Häusern zu fliehen, unter freiem Himmel und haben nicht einmal eine Decke, die sie vor dem bevorstehenden bitteren Winter schützt. Ein Albtraumszenario spielt sich vor unseren Augen ab.

„Das Militär ist abgezogen, aber wir rufen die internationale Gemeinschaft dringend auf, zu bleiben und die Kinder in Afghanistan zu unterstützen. Mit Nahrungsmitteln, sauberem Wasser, Unterkünften und Bildung – wenn das nicht geschieht, waren die Anstrengungen der letzten 20 Jahre wirklich umsonst.“

Drignend notwendig: baldige Wiederaufnahme der Proejktarbeit

Es ist dringend notwendig, dass wir einige lebensrettende Gesundheits- und Ernährungsdienste in Afghanistan wieder aufnehmen können, bevor die Wintermonate beginnen. Die Besorgnis über eine verheerende humanitäre Krise im Land wächst. Aufgrund der jüngste Eskalation der Gewalt in Afghanistan mussten wir unsere Projekte vorübergehend einstellen. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass einige unserer Mitarbeitenden bald wieder an die Arbeit zurückkehren können.

Die Kinder hungern, sie gehen nicht zur Schule, der Winter steht vor der Tür - es besteht dringender Handlungsbedarf.

„Es ist wichtig, dass einige Programme wieder aufgenommen werden, um eine weitere Katastrophe zu verhindern“, sagte Hassan Noor, Regionaldirektor für Asien bei Save the Children. „Die Kinder hungern, sie gehen nicht zur Schule, der Winter steht vor der Tür – es besteht dringender Handlungsbedarf.“

Ohne dringende Hilfe könnten Zehntausende von Kindern an Unterernährung und Krankheiten sterben, und das in einem Land, das sich auf den Winter zubewegt, in dem die Temperaturen auf bis zu -16°C fallen können, mit eisigen Nächten und häufigen Schneefällen.

Forderung an die internationale Gemeinschaft

Hassan Nour findet klare Worte: „Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, die Arbeit nationaler und internationaler Nichtregierungsorganisationen bei ihrer lebenswichtigen Arbeit für die am stärksten benachteiligten Menschen zu unterstützen – auch für die Zehntausenden von Familien, die Afghanistan verlassen haben. Und wir fordern die neuen Behörden auf, den humanitären Organisationen so bald wie möglich sicheren, ungehinderten und bedingungslosen Zugang zu den Bedürftigsten zu gewähren. Kinder und ihre Familien in Afghanistan sind mit einer Dürre, COVID-19 und einem strengen Winter konfrontiert – wir haben keine Zeit zu warten.“