Jedes sechste Kind in einem Konfliktgebiet ist dem Risiko von sexueller Gewalt durch bewaffnete Gruppen ausgesetzt. Diese erschreckende Zahl zeigt unser neuer Bericht „Weapon of War: Sexual violence against children in conflict“.

Diese erste umfassende Analyse des Risikos von sexueller Gewalt gegen Kinder in Konflikten zwischen 1990 und 2019 zeigt: Von den zuletzt rund 426 Millionen Kindern, die in Konfliktgebieten aufwachsen, besteht für 72 Millionen Mädchen und Jungen die akute Gefahr, Opfer sexueller Gewalt zu werden. Das sind fast zehnmal mehr Kinder als noch vor drei Jahrzehnten (8,5 Millionen Kinder im Jahr 1990).

Offizielle Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs

Im Vergleich zu diesen Hochrechnungen aus unserem neusten Bericht sind die offiziellen Zahlen sehr niedrig. Die Vereinten Nationen registrierten seit 2006 weltweit mehr als 20`000 Fälle von konfliktbedingter sexueller Gewalt. 2019 wurden 749 Fälle registriert, wobei 98% der Fälle Mädchen betrafen und 2% Jungen.

Sexuelle Gewalt gegen Kinder wird schon in Friedenszeiten zu wenig erfasst – und in Konflikten noch seltener. Vergewaltigung und andere Formen des Missbrauchs werden immer häufiger als Kriegswaffe eingesetzt. Es gibt unzählige Opfer jenseits der Statistik, die jede Hilfe brauchen. Sexuelle Gewalt gegen ein Kind ist ein nicht hinnehmbares Verbrechen.

Besonders gefährdet sind Kinder in den Ländern Irak, Jemen, Kolumbien, Somalia, Südsudan und Syrien.

Sexuelle Gewalt beinhaltet Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Zwangsprostitution, erzwungene Schwangerschaft, erzwungene Abtreibung, Zwangssterilisation, sexuelle Verstümmelung, sexuellen Missbrauch und sexuelle Folter.

Sexuelle Gewalt wird in Konflikten durch bewaffnete Gruppen, Regierungstruppen oder Sicherheitskräfte als Mittel der gezielten Einschüchterung, Demütigung, Bestrafung oder Tötung eingesetzt.

Besonders erschreckend: Sexuelle Gräueltaten werden immer öfter von staatlichen Kräften ausgeübt. Zwischen 2018 und 2019 haben sich die Fälle sogar fast verdoppelt. Regierungen und ihre Streitkräfte müssen die Verbrechen mit allen Mitteln unterbinden und den Schutz der Verletzlichsten in Konflikten garantieren, insbesondere den der Kinder.

Die 16-jährige Lydia floh vor der Gewalt und Instabilität in der Demokratischen Republik Kongo nach Uganda. Sie erlebte Schreckliches - auf ihrer Flucht wurde sie von Rebellen vergewaltig und verlor ihre Mutter. Nach ihrer Vergewaltigung wurde sie schwanger und hat nun einen sechs Monate alten Sohn. Lydia wünscht sich ganz fest, dass ihr Sohn glücklich und sicher aufwachsen kann.

Trauma hat langfristige Folgen für Kinder

Das durch die Erfahrung sexueller Gewalt erlittene Trauma kann langanhaltende körperliche, psychologische, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen haben. Allein körperlich hat sexuelle Gewalt für Kinder, deren Körper noch nicht vollständig entwickelt ist, schwere Folgen.

Wir fordern dringende Massnahmen

Die Staats- und Regierungschefs, Sicherheitsexperten, Geber, Mitglieder der UNO und Nichtregierungsorganisationen sind gefordert, Kinder in den Mittelpunkt aller Massnahmen gegen sexuelle Gewalt zu stellen, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen und Daten über sexuelle Gewalt zu erfassen.

Der Bericht „Weapon of War: Sexual violence against children in conflict“ steht hier in englischer Sprache zum Download bereit: pdf - 8,92 MB

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