Ein ganzer Monat ist seit der Explosion im Hafen von Beirut vergangen, bei der 190 Menschen getötet, Tausende verletzt und 100`000 Kinder obdachlos wurden. Einen Monat später erinnern sich unsere Mitarbeitende noch genau an diesen Moment. Ein Augenzeugenbericht:

Baraa Shkeir arbeitet im Medien-, Advocacy- und Kommunikationsteam von Save the Children in Beirut im Libanon. Einen Monat nach der Explosion vom 4. August 2020 berichtete sie über ihre Erfahrungen der letzten vier Wochen.

Ich sass mit meinem Laptop auf der Bettkante und in nur wenigen Sekunden spürte ich, was ich damals für ein Erdbeben hielt. Keine Sekunde später befand ich mich auf dem Boden und kroch zur Tür, weg von den herumfliegenden Glasscherben und Trümmern. Was folgte, waren trübe Details in meinem Kopf und doch erinnere ich mich an die versteinerten Blicke auf den Gesichtern der Fremden, wie ich sie bei mir selbst spürte.

Von Herzklopfen über Taubheit bis hin zu Trauer. So verbrachte man den nächsten Tag damit, die Toten zu betrauern. Beirut war nun eine in Asche gehüllte Stadt. Das Leben und die Träume der Menschen zerbrachen in wenigen Augenblicken.

EIN LAND, DAS BIS INS MARK ERSCHÜTTERT IST

Wie bei jeder Nation liegt die Hoffnung auf ein besseres Morgen tendenziell auf den Schultern der kommenden Generation. Aber in einem Land, das nicht nur von dem beispiellosen Covid-19 Virus, der bisher schwersten Wirtschaftskrise, politischen Unruhen und dem Zusammenbruch der Wirtschaft geplagt ist und nun noch von einer der gewaltigsten nicht-nuklearen Explosionen der Geschichte erschüttert wurde – wie wird es weitergehen? Wie kann man diese schrecklichen Momente aus den jungen Gemütern entfernen?

Baraa Shkeir arbeitet im Medien-, Advocacy- und Kommunikationsteam von Save the Children in Beirut im Libanon.

Wenn wir es nicht tun, wer dann?

Baraa Shkeir

Innerhalb weniger Tage wechselten die Teams von Save the Children im Libanon in den Notfallmodus. Wir begannen, die dringendsten Bedürfnisse der betroffenen Familien und Kinder vor Ort zu evaluieren und sie mit Soforthilfe zu unterstützen.

Ein Teil der Notfallhilfe von Save the Children bestand darin, in den betroffenen Gebieten kinderfreundliche Räume für Kinder zu öffnen, damit sie sich betreut und mit ihren Freunden ein wenig ausruhen konnten. Unsere Teams begutachteten die beschädigten Häuser und stellten Bausätze zur Verfügung, um die Fenster zu sichern und den kahlen Räumen und Balkonen etwas Privatsphäre zu geben. In den vergangenen vier Wochen haben wir rund 20`000 Familien mit warmen Mahlzeiten, psychologischer Erste Hilfe und Sets für Notunterkünfte erreicht.

Icon Essen

Warme Mahlzeiten

Icon Psychische-Probleme

Psychologische Erste Hilfe

Icon Bauen

Sets für Notunterkünfte

Mein erster Besuch am Ort der Explosion war von Besorgnis erfüllt. Ich war besorgt, dass ich nicht in der Lage sein würde, meine Arbeit zu tun oder meine Emotionen zu kontrollieren.

Meine Emotionen unter Kontrolle, hörte ich Kindern und Erwachsenen zu, wie sie sich an diesen einen Moment erinnerten. In einem Raum, der für Kinderlachen reserviert war, waren nur wenige zu hören. Die Eltern fürchten um das geistige und körperliche Wohlergehen ihrer Liebsten und die Angst und Sorge um ihre Zukunft ist gross.

Viele Kinder haben keinen Zugang zu Bildung

Seit der Schliessung von Schulen aufgrund der Covid-19 Krise und inmitten der schweren Wirtschaftskrise leiden Familien, von denen zahlreiche an der Schwelle zum Überleben stehen und andere gar in die Armut abstürzen. Das Ministerium für Bildung und Hochschulbildung schätzt, dass die 159 öffentlichen und privaten Schulen von mehr als 85`000 Kindern durch die Explosion stark beschädigt wurden. Dies verstärkte den Druck auf Eltern und Schulen, da die Bildung nun auf dem Spiel steht. Kinder im ganzen Libanon und insbesondere in Beirut laufen Gefahr, erneut ihre Ausbildung und ihr Schuljahr zu verlieren.

Mein Traum ist es, dieses Land zu verlassen und mein Traum ist es, meine Ausbildung fortzusetzen. Unsere Ausbildung ist unser Schlüssel zum Erfolg, ich will meine Zukunft nicht verlieren.

die siebenjährige Abir und ihr Bruder

Kinder im Libanon sind gefährdet. Ob Pandemie, Armut oder nun die traumatisierende Explosion – die libanesischen Kinder haben ein zermürbendes Jahr erlebt, das noch nicht vorbei ist. Die kommenden Monate sind entscheidend, da das akademische Jahr näher rückt. Doch mit dem Lächeln und Lachen jedes Kindes, mit jeder entschlossenen Mutter und jedem Vater, die für eine bessere Zukunft kämpfen, steigt die Hoffnung.

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