Mangelernährung infolge der Covid-19-Pandemie erhöht das Sterberisiko von Kindern weltweit: Mehr als 150 Kinder pro Tag könnten in den kommenden zwei Jahren zusätzlich an den Folgen von Mangelernährung sterben, wenn nicht rasch gegengesteuert wird – das zeigt unser neuer Bericht.

Millionen Kinder drohen bleibende Gesundheitsschäden aufgrund von Nährstoffmangel. Die Covid-19 Pandemie droht viele Jahre des Fortschritts für die Ernährung von Kindern zunichte zu machen.

Michelle (9), erzählte Save the Children von ihrer einjährigen Schwester Gloria, die nur eine Mahlzeit am Tag bekommt und mangelernährt ist. Jeden Tag bringt Michelle ihre Schwester ins Gesundheitszentrum, um nährstoffreiche Erdnusspaste zu erhalten. Der Gesundheitszustand von Gloria hat sich dank unserer Unterstützung stark verbessert.

Wenn wir nicht handeln, wird Covid-19 die bisherigen Fortschritte rückgängig machen

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Bis Ende 2022 könnten weitere 168`000 Kinder an den Folgen von Mangelernährung sterben– das sind im Schnitt 153 Kinder zusätzlich pro Tag.

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Zusätzliche 9,3 Millionen Kinder könnten bis Ende 2022 unter Entwicklungverzögerungen („wasting“) leiden, was sich durch Abmagerung und Kräfteverfall äussert.

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Zusätzliche 2,6 Millionen Kinder könnten von Wachstumsstörungen („stunting“) betroffen sein, sie wären nicht altersgemäss entwickelt.

Covid-19 und Mangelernährung: Das Problem

Grosse Gefahr durch Mangelernährung und schlechter Zugang zu medizinischer Versorgung

Mangelernährung war bereits vor Corona für die Hälfte der Todesfälle bei unter Fünfjährigen verantwortlich. Jedes dritte Kind unter fünf Jahren war schon vor der Pandemie mangelernährt, bekam also nicht genügend Nährstoffe und Kalorien, die für ein gesundes Wachstum nötig sind – oder zu viele Kalorien und ungesundes Essen. Durch Covid-19 hat sich die Situation binnen weniger Monate verschärft. Die wachsende Armut der Familien, aber auch der Ausfall von Schulmahlzeiten haben dazu geführt, dass immer mehr Kinder nicht ausreichend oder zu nährstoffarm ernährt werden. Dadurch erhöhen sich die Krankheitsrisiken, während gleichzeitig der Zugang zu Gesundheitsdiensten schwieriger geworden ist.

Subsahara-Afrika, Asien und Regionen mit bewaffneten Konflikten

Besonders betroffen von diesem Teufelskreis aus Mangelernährung und Krankheiten sind Kinder in Subsahara-Afrika und Asien – vor allem in den am stärksten benachteiligen Bevölkerungsgruppen sowie in Krisen- und Konfliktgebieten. Nach UN-Angaben werden allein im Jemen Anfang 2021 rund 16,2 Millionen Menschen mit akuter Nahrungsmittelknappheit konfrontiert sein, darunter 7,35 Millionen Kinder. 21,338 Kinder sind im Jemen sogar von Hunger bedroht.

Um Mangelernährung wirksam zu bekämpfen, müssen wir sie an ihren Wurzeln packen. Globale Konflikte müssen beendet, der Klimawandel muss bekämpft werden, Gemeinschaften müssen widerstandsfähiger gemacht werden.

Gabriella Waaijman Direktorin für humanitäre Hilfe bei Save the Children

HUNGERTREIBER COVID-19

Infolge der Corona-Pandemie verlieren weltweit unzählige Menschen ihre Jobs, sind Lieferketten unterbrochen, werden Lebensmittel und andere lebensnotwendige Güter knapp und damit oft extrem teuer. Wie zuletzt im Libanon oder in zahlreichen afrikanischen Ländern. Immer mehr Familien können sich Grundnahrungsmittel kaum noch leisten.

Das muss passieren:

Es muss sichergestellt sein, dass Helfer ungehinderten Zugang zu Betroffenen haben. Wenn wir jetzt investieren, können wir viele Menschenleben retten und Kinder können gesund aufwachsen und ihr Potenzial ausschöpfen.

Gabriella Waaijman Direktorin für humanitäre Hilfe bei Save the Children

Mangelernährung – Probleme, Folgen und Informationen:

Um sich gesund zu entwickeln, muss jeder Mensch die richtige Menge an Nahrung und lebenswichtige Nährstoffe zu sich nehmen. Dazu gehören zum Beispiel Gemüse und Obst, die Vitamine und Mineralien enthalten, aber auch Lebensmittel wie Nüsse, Bohnen oder Öle, die den Körper mit Fetten oder Eiweißen versorgen. Eine unausgewogene Ernährung kann Menschen anfälliger für Krankheiten machen, das Körperwachstum behindern, die Leistungsfähigkeit in der Schule und dem Beruf einschränken und auch zu Problemen in der Schwangerschaft führen. Gerade in den ersten Lebensjahren kann sich Mangelernährung auf Kinder fatal auswirken. Auch wenn sie überleben, leiden sie oft ihr Leben lang unter körperlichen und geistigen Folgen. Es gibt genug Essen auf der Welt. Save the Children setzt sich dafür ein, dass kein Kind stirbt, weil es nicht genug oder das richtige zu essen hat. Hier beantworten wir alle Fragen rund um das Thema Hunger und Mangelernährung.

Mangelernährung tritt in vielen Formen auf:

Unterernährung bedeutet, dass ein Mensch über einen längeren Zeitraum weniger Energie zu sich nimmt, als er eigentlich benötigt, um sein eigenes Körpergewicht zu halten und sich gesund zu entwickeln. Besonders Kinder in Entwicklungsländern leiden an dieser Form der Mangelernährung. Die Folgen können Wachstumsstörungen (Stunting) sein: Kinder sind für ihr Alter zu klein und leiden unter einer verzögerten geistigen Entwicklung, die sich zum Beispiel negativ auf die Schulleistungen auswirken kann. Betroffene leiden ebenfalls häufig an Auszehrung bzw. Entwicklungsverzögerungen (Wasting), die sich durch Abmagerung und Kräfteverfall äußert. Häufig geht Untergewicht sowohl mit Stunting, Wasting oder beidem einher.

Mikronährstoffmangel bedeutet, dass ein Mensch nicht genug Nährstoffe wie Mineralstoffe oder Vitamine zu sich nimmt. Auch die Unterversorgung mit Nährstoffen wirkt sich negativ auf die geistige und körperliche Entwicklung von Kindern und Heranwachsenden aus. Da der Mangel aber häufig nicht direkt sichtbar ist, wird häufig auch von „verstecktem Hunger“ gesprochen. Oft sind besonders Kinder in armen Familien, die keinen Zugang zu einer ausgewogenen Ernährung haben, davon betroffen. Das muss allerdings nicht sein, Mikronährstoffmangel ist weltweit verbreitet. Der Mangel muss zudem nicht zwangsläufig mit Unterernährung einhergehen. Auch Menschen, die an Überernährung leiden, können von Mikronährstoffmangel betroffen sein.

Überernährung bedeutet, dass ein Mensch über einen längeren Zeitraum mehr Energie zu sich nimmt, als er eigentlich benötigt. Die Folgen: Übergewicht und in besonders schlimmen Fällen Fettleibigkeit. Fälschlicherweise wird Übergewicht häufig immer noch mit Wohlstand gleichgesetzt. Dabei sind weltweit immer mehr arme Menschen davon betroffen, weil sie öfter auf günstige Kalorien angewiesen sind, die oft fett- und zuckerhaltig sind.

Der Begriff Mangelernährung wird fälschlicherweise oft mit Hunger gleichgesetzt. Wenn ein Mensch hungert, bekommt er weniger Nahrung, als er es eigentlich benötigt. Besteht der Nahrungsmangel über einen begrenzten Zeitraum, zum Beispiel während Dürren oder Kriegen, spricht man von akutem Hunger. Haben Menschen über einen langen Zeitraum keinen Zugang zu genug Nahrung, spricht man von chronischem Hunger.

Kinder leiden besonders stark unter den Folgen von Mangelernährung, da sie ihre geistige und körperliche Entwicklung dauerhaft beeinträchtigt. Besonders in den ersten 5 Jahren ihres Lebens, aber auch in ihrer Jugend, ist es für ihre Entwicklung wichtig die richtigen Nährstoffe zu sich zunehmen. Erwachsene, die als Kinder an Unterernährung und Wachstumsstörungen litten, haben häufig Lernschwierigkeiten, verdienen in ihrem späteren Beruf 20 Prozent weniger als nicht-betroffene Erwachsene und sind mit 30 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit von Armut betroffen. Insgesamt leiden weltweit 52 Millionen Kinder unter 5 Jahren an Entwicklungsverzögerungen und 155 Millionen an Wachstumsverzögerungen. Darüber hinaus sind 45 Prozent aller Todesfälle von Kindern unter 5 Jahren sind auf Mangelernährung zurückzuführen.

Die Ursachen für Mangelernährung sind vielfältig, komplex und oft eng miteinander verwoben. Dazu zählen:

Ungleichheiten und Ausgrenzung begünstigen Mangelernährung. Weltweit sind vor allem Menschen betroffen, die aus verschiedenen Gründen benachteiligt sind – zum Beispiel aufgrund ihrer finanziellen Situation, ihres Wohnortes oder ihrer Herkunft. Wo ein Kind lebt bestimmt, ob ihm örtliche Dienste, Bildungseinrichtungen oder Nahrung zur Verfügung stehen. Außerdem bestimmt der Wohnort kulturelle und soziale Praktiken, das Einkommen – und damit letzten Endes auch die Ernährungssituation. Mangelernährung betrifft zum Beispiel besonders Kinder, die in ländlichen Regionen oder in urbanen Slums aufwachsen.

Armut beeinflusst fast alle Bereiche des Lebens, so zum Beispiel den Zugang zu Bildung oder Gesundheitsleistungen und ist einer der Haupttreiber von Mangelernährung. Die finanzielle Situation einer Familie hat fast immer einen wichtigen Einfluss auf die Ernährung eines Kindes. Familien mit niedrigem Einkommen sind oft auf günstige, weniger hochwertige und nährstoffärmere Nahrung angewiesen. Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen leiden wesentlich öfter an Wachstums- und Entwicklungsstörungen. Ein Großteil aller Kinder unter 5 Jahren, die durch Mangelernährung sterben, kommen aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Und auch innerhalb von Ländern mit einem höheren Einkommen besteht für Kinder aus ärmeren Haushalten ein viel größeres Risiko, an Mangelernährung zu sterben, als für Kinder aus reicheren Familien.

Konflikte und die Auswirkungen des Klimawandels sind maßgebliche Treiber von Mangelernährung. Sie sind mit dafür verantwortlich, dass die Zahl der Hungernden seit einigen Jahren wieder steigt. Allein 2018 litten mehr als 250 Millionen Menschen weltweit an akutem Hunger. Im Jemen starben zwischen April 2015 und Oktober 2018 ungefähr 85.000 Kinder an den Folgen extremen Hungers – weit mehr als durch Kugeln oder Bomben. Mehr als drei Viertel der über 150 Millionen nicht altersgemäß entwickelten Kinder leben in Konfliktzonen. Konflikte führen oft zu einem Zusammenbrechen der Versorgungsstrukturen: Ernteausfälle häufen sich, Nahrung kann nicht geliefert werden und wird immer teurer. Gleichzeitig erreichen humanitäre Hilfsleistungen nicht ihr Ziel oder decken die Bedarfe der Menschen nicht ab.

Die Auswirkungen des Klimawandels machen sich in Form von extremen Wetterereignissen immer stärker bemerkbar. Immer öfter auftretende Katastrophen sorgen oftmals für langandauernde Ernährungsinstabilität. Während das Horn von Afrika in der Vergangenheit beispielsweise alle 8 bis 10 Jahr von einer Dürre betroffen war, leidet die Region mittlerweile wesentlich öfter unter extremen und langanhaltenden Trockenperioden. Mosambik wurde in der ersten Hälfte des Jahres 2019 innerhalb von nur sechs Wochen von zwei Zyklonen heimgesucht. Die mit Katastrophen oft einhergehende Zerstörung lokaler Infrastrukturen, Ernteausfälle, Wasserknappheit und sterbenden Nutztiere sind nur einige Folgen, die zu akuten und chronischen Hungersnöten führen.

Bericht "Nutrition critical" (English): Save the Children veröffentlicht den Bericht, der aufzeigt, warum wir alle jetzt aktiv werden müssen, um ein Anstieg von drastischer Mangelernährung bei Kindern zu verhindern. pdf - 3,27 MB

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