Ende Dezember 2024 erhielt Maria Steinbauer von Save the Children Schweiz die Möglichkeit, eine Projektreise nach Malawi zu machen. Das Land liegt im südlichen Afrika und zählt zu den zehn ärmsten der Welt. Zurück kam die Direktorin Fundraising und Philanthropie mit bedrückenden, aber auch hoffnungsvollen Eindrücken, die sie in einem authentischen Erfahrungsbericht festhielt.

Ein Persönlicher BERICHT ÜBER NOT UND ZUVERSICHT

Von Maria Steinbauer, Direktorin Fundraising & Philanthropie

Was bedeutet es, zu den Ärmsten zu gehören? Für uns Europäer ist es schwer vorstellbar, was diese Statistik in der Realität bedeutet. Es sieht in etwa so aus, wie ich mir Europa vor tausend Jahren vorstelle. Weite unberührte Landstriche, keine Supermärkte und Geschäfte, keine Verschmutzung und kein Plastikmüll (!), da eben nichts verkauft wird. Kinder, die nicht um Geld betteln, sondern um leere Pet-Flaschen, weil es solche Behälter vor Ort kaum gibt und daher wertvoll sind. Die lokale Landwirtschaft basiert auf kleinen Anbauflächen, Ochsenpflug und Früchten wie Mangos, Tomaten oder Pilzen aus dem Wald. Ich sehe oft Kinder in blauen Uniformen, die von der Schule mit dem Pickel in der Hand zur Feldarbeit laufen und immer wieder gackernde Hühner, welche die Menschen auf den fast unbefahrenen und meist holprigen Landstrassen verkaufen.

Tag 1 – Besuch des grössten Spitals südlich der Sahara

Am ersten Tag besuche ich das grösste Spital südlich der Sahara in der Hauptstadt Lilongwe – es ist völlig überlastet. Über 100 Kinder kommen hier täglich zur Welt. Die Patientenzimmer sind überfüllt, auf den Gängen liegen Matratzen, in den Gebärzimmern warten Frauen auf die Geburt, oft in völliger Stille. Sind die Zimmer und Klinikflure schon ein schwieriger Anblick, so trifft mich die Neonatologie mit voller Wucht. Etwa 100 Neugeborene liegen jeweils zu dritt in Plastikwannen unter improvisierten Wärmelampen. Links klebt ein handgeschriebener Zettel mit der Aufschrift «Low Risk», rechts steht «High Risk». Die Babys auf dieser Seite sind winzig und schwach. Eines davon fällt mir besonders auf: kaum 30 Zentimeter gross, erschreckend dünn. Ist es tot? Erst bei genauem Hinsehen erkenne ich eine leichte, kaum wahrnehmbare Brustbewegung – es lebt noch. Mir schnürt es die Kehle zu, Tränen steigen auf und ich verlasse fluchtartig den Raum, um nicht laut zu Schluchzen. So elend ist mir zumute. Save the Children unterstützt dieses Spital mit Ausrüstung und Ausbildung – denn nur geschultes Personal kann helfen. Mir wird klar: Der Weg ist noch lang. 

Als Mutter von vier Kindern begreife ich hier zutiefst, was Armut bedeutet: keine wirksame medizinische Hilfe, wenn sie am nötigsten wäre.

Maria Steinbauer | Direktorin Fundraising & Philanthropie
Maria Steinbauer Direktorin Fundraising & Philanthropie

Tag 2 – Besuch eines Kinderzentrums

Nach einer langen Autofahrt erreichen wir am zweiten Tag ein Kinderzentrum von Save the Children in Mzimba – ein starker Kontrast: farbenfroh, fröhlich, kindgerecht. Zwischen trockenen Feldern und staubigen Wegen steht dieses bunt bemalte Häuschen mit Metalldach und einem Gemüsegarten, den Dorfbewohner angelegt haben. Da es in Malawi keine Geschäfte gibt, wächst das Essen im Hinterhof – so erhalten die Kinder täglich eine warme Mahlzeit, was hier ein wahrer Segen ist. Die Kleinen dürfen in diesem geschützten Raum spielen und lernen. Es gibt sogar einen kleinen Spielplatz – den einzigen, den ich auf der Reise gesehen habe. Die Kinderzentren ermöglichen Eltern, ihre Kleinkinder stundenweise betreuen zu lassen. So fördern Save the Children Mitarbeiter:innen spielerisch ihre Entwicklung, erkennen früh Mangelernährung und Krankheiten, führen Impfkampagnen durch und stehen den Familien zur Seite. Nach dem emotional aufrüttelnden ersten Tag hinterlässt der zweite ein hoffnungsvolleres Bild – für Kinder, Familien und Gemeinschaften.

CH1953951_Children at a pre-school in Balaka district, Malawi - Save the Children

Tag 3 – Medizinische Versorgung in abgelegenen Dörfern

Am dritten Tag besuchen wir eine kleine Kirche, irgendwo abgelegen im Hügelland. Sie dient Save the Children als Ort der medizinischen Konsultation für Familien. Lungenentzündung, Malaria, Durchfall und Mangelernährung – das sind hier die Haupttodesursachen bei Kindern.

Wie funktioniert diese Hilfe? Save the Children bildet lokales Gesundheitspersonal aus. Der Gesundheitshelfer hat ein Gesundheitsbuch, das ihm dabei hilft, verschiedene Symptome abzufragen, zu klassifizieren und eine Diagnose zu stellen. Indes wird dieses Buch zusehends durch eine moderne App am Smart-Phone ersetzt, welches von Save the Children zur Verfügung gestellt wird. Diese Innovation führt zu Resultaten, die in ihrer Verlässlichkeit vergleichbar mit europäischen Standards sind.

Im Arztkoffer sind ausserdem stets Malaria-Tests und ein MUAC-Band. Der Malaria-Test gleicht einem Schwangerschaftstest, jedoch braucht er statt Urin einen Tropfen Blut. Nach etwa 20 Minuten ist das Resultat durch die Striche ablesbar. Mit dem MUAC-Band wird der Oberarmumfang des Kindes gemessen. Ist dieser im orangen oder roten Bereich, deutet dies auf eine moderate bis akute Mangelernährung hin.

Natürlich geben die Gesundheitshelfer auch Medizin kostenlos an die Patienten ab. Durch diese mobilen Klinken können viele abgelegene Dörfer versorgt werden – eine einfache, kostengünstige und lebensrettende Methode. Für Familien in diesen Regionen gleichzeitig auch die einzige Möglichkeit, überhaupt eine Therapie zu erhalten.

Tag 4 – Malaria-Behandlung in Schulen

In Malawis Schulen bleiben besonders in der Regenzeit viele Kinder dem Unterricht fern. Der Grund dafür ist Malaria. Fast jedes Kind ist irgendwann davon betroffen. Unbehandelt kann Malaria zu schweren Komplikationen und in schweren Fällen sogar zum Tod führen.

Um möglichst alle Kinder flächendeckend zu erreichen, arbeitet Save the Children mit den Schulen zusammen. Hier werden Schüler:innen zu Patienten:innen und Lehrer:innen zu Ärzten:innen. Wenn sich Kinder während der Schulzeit nicht gut fühlen, melden sie dies der Lehrperson und werden in einem separaten Zimmer auf Malaria getestet. Ist das Resultat positiv, kommen die Kinder auf die Waage und erhalten die auf ihr Gewicht abgestimmte Dosis Medizin. Dieses System funktioniert sehr gut: Keine extra Wege, kein zusätzlicher Aufwand, 100% Erreichbarkeit der Zielgruppe.

 

Tag 5 – Berufsbildung für Jugendliche und junge Erwachsene

Soforthilfe ist wichtig, wenn es ums Überleben geht. Was wird aber aus den Kindern, wenn sie erwachsen sind? Und was wird aus ihren Kindern? Für Save the Children muss das Jetzt mit der Zukunft zusammengedacht werden. Daher arbeiten wir auch mit lokalen Jugendgruppen zusammen und unterstützen sie mit Training, Ausbildung und Kleinkrediten, damit sie auf eigenen Beinen stehen können und ihre Familien eines Tages besser versorgen können.

Dank dieser Hilfe gibt es jetzt in einem kleinen malawischen Dorf eine Imkerei, die wir besuchen konnten. Selbst produzierter Honig – das ist eine Neuheit in diesem Land. Beeindruckt haben mich die Dankbarkeit, die Fröhlichkeit und der Lebensmut dieser Jugendlichen, für die es nicht selbstverständlich ist, eine Perspektive zu haben. Es muss wohl dieser Lebensmut sein, der die Menschen in Malawi dazu veranlasst, ihr Land als «das warme Herz Afrikas» zu betiteln.

Save the Children in Malawi

Malawi ist ein Binnenstaat in Südostafrika, einer der ärmsten der Welt. Seit 1983 ist Save the Children vor Ort aktiv – in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Ernährung und Kinderschutz. Wir arbeiten mit Gemeinden, Schulen, Gesundheitszentren und Behörden zusammen, um langfristig Strukturen zu stärken.

Unsere Programme erreichen jedes Jahr über eine Million Kinder in Malawi – flächendeckend und nachhaltig.

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